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select, pselect, FD_CLR, FD_ISSET, FD_SET, FD_ZERO - synchrones E/A-Zeitmultiplexverfahren
#include <sys/select.h>
int select(int nfds, fd_set *readfds, fd_set *writefds, fd_set *exceptfds, struct timeval *timeout);
void FD_CLR(int fd, fd_set *set); int FD_ISSET(int fd, fd_set *set); void FD_SET(int fd, fd_set *set); void FD_ZERO(fd_set *set);
int pselect(int nfds, fd_set *readfds, fd_set *writefds, fd_set *exceptfds, const struct timespec *timeout, const sigset_t *sigmask);
pselect(): _POSIX_C_SOURCE >= 200112L
Mit der Funktion select() kann ein Programm mehrere Dateideskriptoren überwachen und warten, bis ein oder mehrere der Dateideskriptoren »bereit« für eine Klasse von E/A-Aktionen sind (z. B. Eingabe möglich). Ein Dateideskriptor gilt als bereit, wenn es möglich ist, eine entsprechende E/A-Aktionen (z.B. read (2) oder ein hinreichend kleines write(2) ohne zu blockieren) durchzuführen.
select() kann nur Dateideskriptorennummern überwachen, die kleiner als FD_SETSIZE sind; poll(2) und epoll(7) haben diese Einschränkung nicht. Siehe FEHLER.
Die hauptsächlichen Argumente von select() sind drei »Gruppen« von Dateideskriptoren (mit dem Typ fd_set deklariert), die es dem Aufrufenden erlauben, auf drei Ereignisklassen von der festgelegten Menge an Dateideskriptoren zu warten. Jedes der fd_set-Argumente kann als NULL angegeben werden, falls keine Dateideskriptoren für die entsprechende Ereignisklasse beobachtet werden soll.
Wohlgemerkt: Wenn die Funktion zurückkehrt, wird jede der Datei-Deskriptorenmengen so verändert, dass sie anzeigen, welcher Dateideskriptor derzeit »bereit« ist. Falls Sie daher select() innerhalb einer Schleife verwenden, müssen die Mengen vor jedem Aufruf neu initialisiert werden. Die Implementierung des Arguments fd_set als Wert-Ergebnis-Argument ist ein Design-Fehler, der in poll(2) und epoll(7) vermieden wurde.
Der Inhalt einer Dateideskriptor-Gruppe kann mit den folgenden Makros bearbeitet werden:
Die Argumente von select() im Einzelnen:
Der Systemaufruf pselect() ermöglicht einer Anwendung, sicher zu warten, bis entweder ein Dateideskriptor bereit wird oder bis ein Signal empfangen wird.
Das Verhalten von select() und pselect() ist bis die folgenden drei Unterschiede identisch:
sigmask ist ein Zeiger auf eine Signalmaske (siehe sigprocmask(2)); falls er ungleich NULL ist, ersetzt pselect() zuerst die aktuelle Signalmaske durch diejenige, auf die sigmask weist, erledigt danach die »select«-Funktion und stellt als Letztes die ursprüngliche Signalmaske wieder her. (Falls sigmask nicht NULL ist, wird die Signalmaske während des pselect()-Aufrufs nicht verändert.)
Abgesehen von der unterschiedlichen Genauigkeit des timeout-Arguments ist der pselect()-Aufruf
ready = pselect(nfds, &readfds, &writefds, &exceptfds,
timeout, &sigmask);
ist äquivalent zur atomaren Ausführung der folgenden Aufrufe:
sigset_t origmask; pthread_sigmask(SIG_SETMASK, &sigmask, &origmask); ready = select(nfds, &readfds, &writefds, &exceptfds, timeout); pthread_sigmask(SIG_SETMASK, &origmask, NULL);
Falls man auf die Verfügbarkeit eines Signals oder eines Dateideskriptors warten möchte, ist zur Vermeidung von Wettlaufsituationen (race conditions) eine atomare Prüfung erforderlich, die von pselect() erledigt wird. (Angenommen, der Signal Handler setzt einen globalen Schalter und kehrt zurück. Dann könnte eine Prüfung dieses globalen Schalters gefolgt von einem Aufruf von select() auf unbestimmte Zeit hängen, wenn das Signal zwischen der Prüfung und vor dem Aufruf von select() eintrifft. Im Gegensatz dazu ermöglicht es pselect() zuerst Signale zu blockieren, die eingetroffenen Signale abzuarbeiten und anschließend pselect() mit der gewünschten sigmask aufzurufen, um Race Conditions zu vermeiden.)
Das Argument timeout für select() ist eine Struktur des folgenden Typs:
struct timeval {
time_t tv_sec; /* Sekunden */
suseconds_t tv_usec; /* Mikrosekunden */ };
Das korrespondierende Argument für pselect() hat den folgenden Typ:
struct timespec {
time_t tv_sec; /* Sekunden */
long tv_nsec; /* Nanosekunden */ };
Unter Linux modifiziert select() timeout, um die nicht schlafend verbrachte Zeit anzuzeigen; die meisten anderen Implementierungen tun das nicht. (POSIX.1 lässt beiderlei Verhalten zu.) Dies führt zu Problemen sowohl bei der Portierung von Linux-Code, der timeout liest, auf andere Betriebssysteme als auch bei der Portierung von Code nach Linux, der eine struct timeval in einer Schleife für mehrfache Aufrufe von select() nutzt, ohne sie erneut zu initialisieren. Gehen Sie davon aus, dass timeout nach der Rückkehr aus select() nicht definiert ist.
Bei Erfolg geben select() und pselect() die Anzahl der Datei-Deskriptoren in den drei zurückgegebenen Deskriptor-Gruppen zurück. (Das entspricht der Gesamtzahl von Bits, die in readfds, writefds und exceptfds gesetzt sind.) Der Rückgabewert kann 0 sein, falls die Wartezeit ablief, bevor der Dateideskriptor bereitstand.
Bei einem Fehler wird -1 zurückgegeben und errno wird gesetzt, um den Fehler anzuzeigen; die Dateideskriptor-Gruppen werden nicht verändert und timeout wird undefiniert.
pselect() wurde im Linux-Kernel 2.6.16 hinzugefügt. Vorher wurde pselect() in der Glibc emuliert (siehe aber FEHLER).
select() erfüllt POSIX.1-2001, POSIX.1-2008 und 4.4BSD (select() erschien erstmalig in 4.2BSD). Im Allgemeinen von/nach nicht BSD-Systeme portabel, unterstützt Klone der BSD-Socket-Schicht (einschließlich System-V-Varianten). Beachten Sie allerdings, dass System-V-Varianten typischerweise die Variable »timeout« vor dem Zurückkehren setzen, die BSD-Variante aber nicht.
pselect() ist in POSIX.1g und in POSIX.1-2001 und in POSIX.1-2008 definiert.
Ein fd_set ist ein Puffer fester Größe. Wird FD_CLR() oder FD_SET() mit einem Wert für fd, der negativ, gleich groß oder größer als FD_SETSIZE ist, ausgeführt, führt dies zu nicht definiertem Verhalten. Desweiteren verlangt POSIX, dass fd ein gültiger Dateideskriptor ist.
Das Verhalten von select() und pselect() ist von dem Schalter O_NONBLOCK nicht betroffen.
Unter einigen UNIX-Systemen kann select() mit dem Fehler EAGAIN fehlschlagen, falls es dem System nicht gelingt, Kernel-interne Ressourcen zuzuweisen. Linux verwendet hierbei ENOMEM. POSIX legt diesen Fehler für poll(2) aber nicht für select() fest. Portable Anwendungen könnten in einer Schleife auf EAGAIN (wie auch auf EINTR) prüfen.
Auf Systemen, auf denen pselect() fehlt, kann ein zuverlässiges (und portableres) Abfangen von Signalen mit dem Selbst-Pipe-Trick erreicht werden. Bei dieser Technik schreibt ein Signal-Handler ein Byte in eine Pipe, dessen anderes Ende von select() im Hauptprogramm überwacht wird. (Um mögliches Blockieren beim Schreiben in eine Pipe, die voll sein könnte, oder Lesen aus einer Pipe, die leer sein könnte, zu vermeiden, wird nicht blockierende E/A beim Auslesen und Schreiben in die Pipe verwandt.)
Vor dem Aufkommen von usleep(3) gab es Code, der select wie folgt aufrief: alle drei Deskriptor-Gruppen leer, nfds gleich 0 und ein von NULL verschiedenes timeout als recht portabler Weg, um mit Auflösungen unterhalb einer Sekunde zu schlafen.
Innerhalb der Linux-Kernelquellen finden wir die folgenden Definitionen, die die Korrespondenz zwischen den lesbaren, schreibbaren und außerordentlichen Zustandsbenachrichtigungen von select() und den durch poll(2) (und epoll(7)) bereitgestellten Ereignisbenachrichtigungen zeigt:
#define POLLIN_SET (EPOLLRDNORM | EPOLLRDBAND | EPOLLIN |
EPOLLHUP | EPOLLERR)
/* Bereit zum Lesen */ #define POLLOUT_SET (EPOLLWRBAND | EPOLLWRNORM | EPOLLOUT |
EPOLLERR)
/* Bereit zum Schreiben */ #define POLLEX_SET (EPOLLPRI)
/* Außergewöhnliche Bedingung */
Falls ein Dateideskriptor, der durch select() überwacht wird, in einem anderen Thread geschlossen wird, ist das Ergebnis nicht spezifiziert. Auf einigen UNIX-Systemen entblockt select() und kehrt mit einer Information zurück, dass der Dateideskriptor bereit ist (eine nachfolgende E/A-Aktion wird wahrscheinlich mit einem Fehler fehlschlagen, außer ein anderer Prozess hat den Dateideskriptor zwischen dem Zeitpunkt, zu dem select() zurückkehrte, und dem Zeitpunkt, zu der die E/A-Aktion stattfindet, wieder geöffnet). Unter Linux (und einigen anderen Systemen) hat das Schließen des Dateideskriptors in einem anderen Thread keinen Effekt auf select(). Zusammenfassend sollte jede Anwendung, die sich auf ein bestimmtes Verhalten in diesem Szenario abstützt, als fehlerhaft betrachtet werden.
Der Linux-Kernel erlaubt Dateideskriptor-Gruppen beliebiger Größe und bestimmt die Größe der zu prüfenden Gruppen durch den Wert von nfds. In der Glibc-Implementierung ist der Typ fd_set allerdings von fester Größe. Siehe auch FEHLER.
Die in dieser Seite beschriebene Schnittstelle von pselect() wird durch Glibc implementiert. Der darunterliegende Systemaufruf heißt pselect6(). Dieser Systemaufruf hat ein etwas anderes Verhalten als die Glibc-Wrapper-Funktion.
Der Systemaufruf pselect6() von Linux verändert das Argument timeout. Die Glibc-Wrapper-Funktion versteckt dieses Verhalten durch Verwendung einer lokalen Variablen für das Argument »timeout«, die an den Systemaufruf übergeben wird. Daher verändert die Glibc-Funktion pselect() nicht ihr Argument timeout; dies ist das von POSIX.1-2001 verlangte Verhalten.
Das finale Argument des Systemaufrufs pselect6() ist kein sigset_t *-Zeiger, sondern eine Struktur der folgenden Form:
struct {
const kernel_sigset_t *ss; /* Zeiger auf Signalgruppe */
size_t ss_len; /* Größe (in Bytes) des Objekts,
auf das durch »ss« gezeigt wird */ };
Dies erlaubt es dem Systemaufruf, sowohl einen Zeiger auf die Signalgruppe als auch seine Größe zu ermitteln und dabei zu berücksichtigen, dass die meisten Architekturen eine maximale Anzahl von 6 Argumenten für einen Systemaufruf erlauben. Siehe sigprocmask(2) für eine Diskussion der Unterschiede zwischen der Ansicht des Kernels und der Ansicht der Libc bezüglich der Singalmenge.
Glibc 2.0 stellte eine inkorrekte Version von pselect() bereit, die das Argument sigmask nicht akzeptierte.
In den Glibc-Versionen von 2.1 bis 2.2.1 musste _GNU_SOURCE definiert werden, um die Deklaration von pselect() aus <sys/select.h> zu erhalten.
POSIX erlaubt einer Implementierung, eine oberer Begrenzung für den Bereich von Dateideskriptoren, die in einer Dateideskriptor-Gruppe festgelegt werden können, zu definieren. Diese Begrenzung soll mittels der Konstanten FD_SETSIZE bekannt gemacht werden. Der Linux-Kernel erzwingt keine feste Begrenzung, aber die Glibc-Implementierung macht fd_set zu einem Typ fester Größe, wobei FD_SETSIZE als 1024 definiert ist und die Makros FD_*() arbeiten entsprechend dieser Begrenzung. Um Dateideskriptoren größer als 1024 zu überwachen, verwenden Sie stattdessen poll(2) oder epoll(7).
Laut POSIX sollte select() alle festgelegten Dateideskriptoren in den drei Dateideskriptor-Gruppen bis zur Grenze nfds-1 prüfen. Allerdings ignoriert die aktuelle Implementierung jeden Dateideskriptor in diesen Gruppen, der größer als die maximale Dateideskriptorennummer ist, die der Prozess derzeit offen hat. Laut POSIX sollte jeder solcher Dateideskriptoren, der in einer der drei Gruppen festgelegt ist, zu einem Fehler EBADF führen.
Beginnend mit Version 2.1 stellt Glibc eine Emulation von pselect() bereit, die mittels sigprocmask(2) und select() implementiert wurde. Diese Implementierung blieb für den starken Ressourcenwettlauf verwundbar, der durch das Design von pselect() vermieden werden sollte. Moderne Versionen der Glibc verwenden den (ressourcenwettlauffreien) pselect()-Systemaufruf auf Kerneln, die ihn bereitstellen.
Unter Linux könnte select() einen Socket-Dateideskriptor als »bereit zum Lesen« melden, obwohl trotzdem ein folgendes Lesen blockiert. Dies könnte beispielsweise passieren, wenn Daten angekommen sind, aber bei genauerer Prüfung die falsche Prüfsumme haben und daher verworfen werden. Es mag andere Umstände geben, in denen ein Dateideskriptor fälschlicherweise als bereit berichtet werden könnte. Daher mag es sicherer sein, O_NONBLOCK bei Sockets zu benutzen, die nicht blockieren sollen.
Unter Linux verändert select() auch timeout falls der Aufruf durch ein Signal-Handler unterbrochen wird (d.h. den Fehler EINTR zurückliefert). Dies wird von POSIX.1 nicht erlaubt. Der Linux-Systemaufruf pselect() zeigt das gleiche Verhalten, aber der Glibc-Wrapper versteckt das Verhalten, indem er intern timeout in eine lokale Variable kopiert und diese Variable an den Systemaufruf übergibt.
#include <stdio.h> #include <stdlib.h> #include <sys/select.h> int main(void) {
fd_set rfds;
struct timeval tv;
int retval;
/* Beobachte stdin (fd 0), um zu sehen, wenn es Eingaben gibt. */
FD_ZERO(&rfds);
FD_SET(0, &rfds);
/* Warte bis zu fünf Sekunden. */
tv.tv_sec = 5;
tv.tv_usec = 0;
retval = select(1, &rfds, NULL, NULL, &tv);
/* Verlassen Sie sich jetzt nicht auf den Wert von tv! */
if (retval == -1)
perror("select()");
else if (retval)
printf("Daten sind jetzt verfügbar.\n");
/* FD_ISSET(0, &rfds) werden wahr sein. */
else
printf("Innerhalb von fünf Sekunden keine Daten.\n");
exit(EXIT_SUCCESS); }
accept(2), connect(2), poll(2), read(2), recv(2), restart_syscall(2), send(2), sigprocmask(2), write(2), epoll(7), time(7)
Für eine Anleitung mit Diskussionen und Beispielen lesen Sie select_tut(2).
Diese Seite ist Teil der Veröffentlichung 5.10 des Projekts Linux-man-pages. Eine Beschreibung des Projekts, Informationen, wie Fehler gemeldet werden können sowie die aktuelle Version dieser Seite finden sich unter https://www.kernel.org/doc/man-pages/.
Die deutsche Übersetzung dieser Handbuchseite wurde von Martin Schulze <joey@infodrom.org>, Daniel Kobras <kobras@linux.de>, Martin Eberhard Schauer <Martin.E.Schauer@gmx.de>, Mario Blättermann <mario.blaettermann@gmail.com> und Helge Kreutzmann <debian@helgefjell.de> erstellt.
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1. November 2020 | Linux |